The Ambient Structure
Carsten Schiefer | Kurator, Galerie elm75, Berlin, Deutschland
Kangasmaa schätzt rohe Werkstoffe. Sie arbeitet mit Draht, mit Kachelsplittern, mit Beton. Das harte Ausgangsmaterial transformiert die Finnin jedoch zu feinsinnigen Inhalten. Dabei bleibt der Kontrast zwischen Material und den oft naturnahen Motiven unverhüllt bestehen. Er springt auf den ersten Blick ins Auge, noch bevor sich die Tiefen von Kangasmaas Werken erschließen.
Es ist ein alter Traum der Menschheit, Tote ins Leben zurückzurufen oder gar aus Kunst Leben zu schaffen wie Ovids Pygmalion. Und sicherlich ist es gut, dass er bisher nicht Wirklichkeit geworden ist. Minna Kangasmaa begibt sich aber auf dem Weg dorthin. Aus totem Material formt sie Objekte, deren Vorbilder der Natur entnommen sind. Raue, harte Stoffe verwandelt sie in übergroße Blüten, filigran blühende Drahtbäumchen oder feine Betonmuscheln. Das Ergebnis ist überraschend anmutig und hebt die Schroffheit ihres Werkstoffs auf, ohne seinen Ursprung zu leugnen. Kangasmaas Blick auf ihre wieder erstandene Natur ist nüchtern. Diese ist Interpretation statt Simulation. Tatsächlich will Kangasmaa eben nicht Pygmalion sein. Eher konzentriert sie artifizielles Leben auf Umrisse seiner selbst statt den Versuch einer vollständige Illusion zu unternehmen. Die Zerbrechlichkeit des Vorbilds ist "geheilt", doch wird erst durch diese Aufhebung ihr Wert deutlich.
Wo Symmetrie und Feingliedrigkeit bestechen, verzichtet die Künstlerin auf mystische Rankungen und märchenhafte Verwirrungen. Von hergebrachten Gartendarstellungen aus der Kunstgeschichte grenzt sie sich ab. Minna Kangasmaa arbeitet im Jetzt und interpretiert Natur gleichermaßen respektvoll wie zeitgemäß.